Ikko Tanaka - Der grosse Meister des japanischen Grafikdesigns

Grafikdesigner Ikko Tanaka (1930–2002) ist international bekannt für seine umfangreiche Plakatkunst. Mit der spielerischen Verschmelzung von Tradition und Moderne war er prägend für die Entwicklung visueller Kultur im Japan der Nachkriegszeit. Sein rund 5000 Arbeiten umfassendes Werk geht aber weit über Plakate hinaus und umfasst nebst Lebensmittelverpackungen auch Firmenlogos, Corporate Identity-Konzepte, Buchdesign, Ausstellungen, architekturbezogene Grafik sowie Kollaborationen mit Modedesignern wie Issey Miyake und Hanae Mori. Seit den 1950er Jahren gewinnt er mit seinen Entwürfen Auszeichnung nach Auszeichnung.

In Nara geboren, studiert Tanaka an der University of Fine Arts in Kyoto und arbeitet von 1950–1952 zunächst als Textildesigner bei der Spinnerei Kanegafuchi (heute Kanebo) in Kyoto und von 1952–1958 als Grafikdesigner bei der Zeitung Sankei Shimbun in Osaka. 1960 gründet er gemeinsam mit anderen das Nippon Design Center. 1963 macht sich Tanaka mit seinem eigenen Studio selbstständig. Ab den 1970er Jahren etabliert er sich als führende Figur in der künstlerischen Werbewelt. Zu seinen Kunden zählen u.a. IBM Japan, Toto, die Druckerei Dainippon und Morisawa sowie der Seibu Saizon Konzern. Als künstlerischer Leiter von MUJI erarbeitet er damals die Identität des No-Name-Warenhauses. Bis heute gilt Tanaka als einer der einflussreichsten japanischen Grafikdesigner.

Das Nihon Buyō-Poster - eines seiner bekanntesten Werke - gestaltet er für eine traditionell japanische Tanzaufführung am UCLA Asian-Performing Arts Institute, 1981. Die japanische Tanzkunst, Nihon Buyō, soll dadurch einem breiten, internationalen Publikum bekannt gemacht werden. Das Plakat zeigt ein abstraktes Frauengesicht, zusammengestellt aus geometrischen Formen in kräftigen Farben. Die Frontalansicht erinnert an die sogenannten “Yakusha-e”, japanische Farbholzschnitte aus der Edo-Zeit mit Portraits von Kabuki-Schauspielern. Tanaka setzt die Japanerin jedoch einzig aus Quadraten, Dreiecken und Kreisen in unterschiedlichen Farben und Grössen zusammen. Trotz dieser Reduktion ist die Figur durch ihren Kimono, ihrer traditionellen Haartracht und Schminkweise klar als Japanerin erkennbar. “Tanaka hält dieses Poster für seine beste Arbeit überhaupt, weil die geometrische Komposition ein bildlicher Ausdruck dessen ist, was er ‘japanisches Lebensgefühl’ nennt” (zit. n. Hiesinger 1995: 134).
Das Werk wurde 1981 in die Sammlung des MoMA, New York, aufgenommen.

Das kreative und farbenfrohe Plakat für Japans führende Typografie-Entwickler Morisawa Photosetting Co. entstand

in Zusammenarbeit mit Kazuko Koike, Creative Director, Professorin emeritus an der Musashino Universität und Mitglied des Verwaltungsrats von MUJI seit seiner Gründung.


Die scheinbar zufällig angeordneten Schriftzeichen haben System: Bei der Entwurferstellung breitet Tanaka zahlreiche Kanji-Schnipsel auf dem Tisch aus und sieht sie in acht Kolonnen und zehn Reihen angeordnet, beginnend mit dem Zeichen für eins und endend mit dem Zeichen für zehn. Dazwischen sollten die Schriftzeichen jedoch sinnvoll angeordnet werden und Koike schlägt vor, mit der englischen Übersetzung “Shiritori” zu spielen. “Shiritori” ist ein japanisches Wortkettenspiel, in dem die SpielerInnen ein Wort mit der selben Silbe beginnen müssen, mit dem das vorherige Wort aufgehört hat. In der englischen Version begnügt man sich mit dem Buchstaben und kommt so von “one” zu “ear” zu “rice” usw.


Ein schönes und subtiles Element in diesem Entwurf bildet die scheinbar zufällige Verbindung von Ost und West mit dem orangefarbenen Farbklecks.

Mit diesem Hintergrundwissen macht es noch mehr Freude, das ohnehin schon eindrucksvolle Plakat, anzuschauen.


Das Werk wurde 1990 in die Sammlung des MoMA, New York, aufgenommen.

Literatur:
Pollock, Naomi: Japanisches Design seit 1945. Köln: DuMont Buchverlag, 2020.
Hiesinger, Kathryn B. und Fischer, Felice: Japanisches Design seit 1950. Tübingen/Berlin: Ernst Wasmuth Verlag, 1995.
21_21 DESIGN SIGHT, 小池一子: 田中一光とデザインの前後左右. Ikko Tanaka and Future/Past/East/West of Design. Tokyo, 2012.

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Takeji Iwamiya’s Blick

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Das Design von Sori Yanagi